Der erste Tag in Tunesien – zunächst gibt es Frühstück in einem kleinen Kaffee in der Marina. Nicolaus zeigt mir bei der Gelegenheit auch gleich die Werkstatt eines Tuchmachers, bei dem er schon etliches hat machen lassen. Er war immer sehr zufrieden mit der Arbeit.

Danach geht es zur Captainerie, den Schlüssel der WAHOO holen und auch gleich mich als den neuen Eigner vorstellen.

Da steht mein alter Dacia – nach all den Strapazen doch in Afrika angekommen.

Dann endlich zum Boot. Es liegt an seinem Platz, alles ordentlich gesichert, verschnürt und mächtig eingestaubt. Aber das wird sich in den nächsten Tagen ändern.

Der Plan ist, heute noch alle Behördengänge zu erledigen und dann das Boot im Fischereihafen zum Auskranen und zum Sandstrahlen des Unterschiffs anzumelden.

Also – so zumindest der Plan …

Also schnappen wir alle Papiere – die alten wie die neuen (also meine) – und marschieren wieder vor zum Zoll und zur Captainerie. Ich muss hier ja überall als neuer Eigner der WAHOO eingetragen werden, und auch die Unterlagen müssen auf den neuen Namen und die neue Registrierung in Deutschland geändert werden.

In der Captainerie kein Problem – ich kann den Vertrag für den Liegeplatz weiter übernehmen ab August. So lange ist schon bezahlt. Den neuen Vertrag machen sie fertig und der All-Inclusive-Preis ist günstig (in Europa bekommt man für den Jahrespreis hier vielleicht ein Quartal im Winter – zuzüglich Wasser und Strom).

Beim Zoll ist niemand da, also beschließen wir, eben erst zum Fischereihafen und der Werft dort zu fahren. Den jungen Chef der Firma, die das Boot dort bearbeiten wird, kenne ich schon von 2020. Ein fähiger, engagierter Mann, der zu meinem Glück auch besser Englisch spricht als ich Französisch.

Ziyad, so heißt der Mann, begrüßt uns herzlich. Als wir ihm konkret sagen, was wir geplant haben, sinken seine Mundwinkel aber schnell herab. Das ginge zeitlich leider nicht, da in zwei Wochen Opferfest in Tunesien sei. Zusammen mit dem Wochenende danach sind das vier arbeitsfreie Tage, die viele Fischer nutzen, um ihre Boote auch warten zu lassen. Dann steht aber für eine gute Woche das gesamte Werftgelände mit den Fischerbooten voll und die WAHOO könne nicht zurück ins Wasser. In den knapp 2 Wochen vorher wird sie aber definitiv nicht fertig. Das ist mit Sandstrahlen, Grundieren, Farbaufbau und Antifouling selbst unter günstigsten Umständen nicht machbar. Aufgrund der aktuell sehr hohen Temperaturen am Tage würde es noch länger dauern, weil es für die Farben dann einfach zu heiß ist. Streichen ginge nur früh am Morgen (falls es nicht zu feucht dann ist) oder in den Abendstunden.

Also verschieben wir diese Sanierung auf das Frühjahr 2022 und fahren zurück in die Marina. Dass dieser Feiertag für uns ein Glückfall ist, wird sich gleich herausstellen.

Beim Zoll werden wir gebeten, Platz zu nehmen. Der Beamte nimmt sich die Papiere, schaut in eine lange handgeschriebene Liste und sucht danach zielstrebig die Mappe mit seinen Unterlagen zur WAHOO aus einem Stapel großer Kartons. Ich bin erstaunt, wie schnell so etwas ohne Computer und große Datenbank auch geht.

Er zieht kurz die Augenbrauen hoch, schaut dann noch einmal prüfend auf ein anderes Blatt und wendet sich bedeutungsvoll an uns: „Das Boot muss bis Anfang September Tunesien verlassen. Es darf max. 24 Monate zollfrei im Land bleiben, und diese 24 Monate sind dann um.“

Nicolaus und ich schauen uns an und sind beide erstaunt, aber gleichzeitig auch froh, dass wir unseren alten Plan eh nicht verfolgen können. Dann haben wir ja Zeit, mit der WAHOO nach Pantelleria oder auch Malta zu segeln. Danach kann die WAHOO ja wieder 24 Monate zollfrei im Land bleiben (die Zollgebühren wären übrigens ein Achtel des Bootswertes – pro Jahr). Durch die Corona-Wirren hatte das vorher niemand so recht auf dem Schirm. Nur gut, dass der Zoll so eine Ordnung in seinen Unterlagen hat.

Also heißt der neue Plan: Auf nach Italien oder Malta und zurück!

Aber es gibt sofort die nächste „bürokratische Klatsche“:
„Nein, Sie (also ich) können nicht weg segeln. Sie dürfen das Land nur wieder mit dem Auto verlassen – das steht im Pass.“ Da ich das Auto schlecht mit auf die WAHOO nehmen kann, bin ich als dazu verdammt, an Land zu bleiben.

Um mich abzulenken, bleibt nur eins: Ab auf die WAHOO, Wasserschlauch anschließen und das Deck schrubben …

Da habe ich endlich mein eigenes Boot – und darf damit nicht segeln.