Ein letzter Blick auf die WAHOO, wie sie gen Osten davontuckert …

Die Wahoo verlässt den Hafen und verschwindet langsam Richtung Horizont.

Es ist denkbar ungünstiges Wetter zum Segeln, aber wir haben nur dieses eine Zeitfenster. Am 27. Juli fährt die Fähre zurück nach Italien.

Also werden die beiden die 80 Seemeilen bis Lampedusa wohl unter Maschine fahren müssen. Wenigstens darum beneide ich sie nicht.
Auch wenn der achterliche Maschinenraum ganz gut schallisoliert ist – die Eignerkabine befindet sich unmittelbar davor. 15-17 Stunden permanent dieses Geräusch muss ich nicht haben.

Während meiner Wartezeit auf der Sparrow lese ich viel, gehe schwimmen und plane einen Tag auch mit Jamel vom der Tauchbasis an der Marina abzutauchen. Bei dem warmen Wasser brauche ich nichts weiter als eine Flasche mit Regler, einen Flaschengurt, einen Bleigurt mit 2-3 kg Blei (bei Alu-Flasche) und ca. 1,5 Meter 8 mm Bungee. Maske und Flossen habe ich selbst mit. Selbst einen alten Regler hätte ich auf der WAHOO, aber da nehme ich lieber einen gewarteten von der Basis.

Jamel lebt sein Leben für das Tauchen. Angefangen hat er bereits in jungen Jahren als Korallentaucher im Norden Tunesiens. Inzwischen ist er seit drei Jahrzehnten Tauchlehrer, hat seine eigene Basis hier in Monastir und setzt sich sehr für die Erhaltung der Umwelt vor der Küste Tunesiens ein.

Aktuell ist er gerade dabei, ein neues Boot für seine Basis einzurichten und anzumelden. Ich hoffe, wir finden trotzdem Zeit für einen entspannten Tauchgang zu zweit.

Jamel, Tauchlehrer seit gut 30 Jahren mit mehr als 20.000 Tauchgängen in den Lungen.

So vertreibe ich mir die Zeit bis zur Rückkehr der WAHOO und trotze den dummen Sprüchen, die natürlich nicht ausbleiben: „Die machen das immer so. Verkaufen das Boot und machen dann noch eine letzte Fahrt, von der sie nie zurück kehren. Wahrscheinlich sind sie schon auf dem Weg nach Gibraltar oder so. Die siehst du nie wieder …“ – klar, wer den Schaden hat, spottet jeder Beschreibung (oder so ähnlich).

Leider wird es auch mit dem Tauchen nichts. Jemal ist vollauf mit seinem Boot und der Zulassung für die gewerbliche Nutzung beschäftigt.

Sonnenaufgang kurz nach 05:00 Uhr. Aus dieser Richtung müssen sie kommen.

Und dann ist auch schon Sonntag!

Bereits am frühen Morgen sitze ich auf den großen Betonklötzen der Mole. Ich will den Sonnenaufgang beobachten.

Mit mir laufen da nur ein paar streunende Hunde rum. Aber sie ignorieren mich, als sie merken, dass ich nicht in ihr Revier möchte.

Auf Lampedusa haben Nicolaus und Marlena Handyempfang, und so konnten wir uns austauschen. Sie wollten am Samstag gegen Mittag los und versuchen, so viel wie möglich zu segeln. Der Wind ist inzwischen leicht aufgefrischt und weht mit gut 10 Knoten aus Süd bis Südost, also ganz gute Bedingungen.
Wenn sie gut vorankommen, können beide mit der WAHOO am frühen Morgen hier eintreffen.

Aber sie sind nicht zu sehen. Auch um 08:00 Uhr noch nicht.
Sollte ihnen etwas passiert sein? Aber wie, bei dem ruhigen Wetter.

Dann um kurz nach 09:00 Uhr ein größerer Punkt am Horizont, der sich bei genauerem Hinsehen als Doppelsegel entpuppt.

Die Spannung löst sich, und die WAHOO kommt schnell näher. Allerdings hält sie mehr Kurs auf den südlich gelegenen Fischereihafen / Werft. Haben sie den falschen Kurs oder ist das Absicht.

Bevor ich weiter darüber nachdenken und ggf. anrufen kann (Mobilfunk sollten sie inzwischen haben), fährt die WAHOO nach einer Halse wieder nach Norden und kommt auf die Marina zu.

In Zoom der Kamera wie auch mit dem Fernglas erkennt man schon gut, dass sich die WAHOO nähert.

Kurz vor der Einfahrt der Marina drehen die beiden bei und reffen die Segel. Die Einfahrt in den Hafen macht die WAHOO unter Maschine – und unter deutscher Flagge. Ihre erste Fahrt mit Schwarz-Rot-Gold am Heck.

MIt gerefften Segel beendet die WAHOO ihre erste Fahrt unter deutscher Flagge.

Damit ist die WAHOO wieder für bis zu 24 Monate zollfrei in Tunesien.

Also, noch nicht ganz. Sie muss noch einklarieren, vor allem beim Zoll. Aber das wird ein neues Kapitel …