Es war keine einfache Entscheidung, und vielleicht wäre ohne das Corona-Virus die Entscheidung auch anders ausgefallen.

Nicht, weil mir die WAHOO  nicht gefällt oder nur ein „fauler Kompromiss“ für mich ist, sondern weil ein anderes Boot dann im Vergleich die Nase eventuell ein wenig weiter vorn gehabt hätte.

OK, aber nun zu den Gründen im Einzelnen – vielleicht helfen sie manch anderem bei einer ähnlichen Entscheidungsfindung.

Die Basis

Der Rumpf eines Bootes bildet die Basis. Sind hier Mängel vorhanden, sind die oft nur schwer zu beheben. Ohne intakten Rumpf ist das ganze Boot nichts mehr wert.

Vier der Boote verfügen über einen sehr massiven, dickwandigen Rumpf aus GFK-Vollaminat.

Bei beiden Booten in Deutschland war eine Sichtung dieser Rümpfe an Land möglich, und beide Boote überzeugten durch eine sehr intakte, ebenmäßige Gelcoat-Schicht im Unterwasserbereich sowie eine durchgehend stabile Struktur. Es zeigten sich keinerlei Anzeichen dafür, dass hier verborgene Schäden zu suchen sind.

Bei den beiden Booten in Übersee dagegen heißt es erst einmal, dem Makler bzw. Eigner zu vertrauen. Vom Ansatz her dürften aber beide Boote auch über eine solide Rumpfbauweise verfügen.

Bei dem Stahlrumpf der WAHOO handelt es sich dagegen um eine sehr massive Ausführung aus bis zu 10 mm starken Stahlplatten, mehrfach verschweißt auf einem Skelett aus Rahmenspanten alle 40 cm. Das Oberdeck ist komplett aus rostfreiem Edelstahl gefertigt. Damit ist es der solideste der in Frage kommenden Bootskörper, und er weist auch keine nennenswerten Schäden in der Substanz auf.

Bei der Kielform punktet eindeutig die WAHOO. Zwei über Kettenzug einholbare Kielschwerter geben gute Kursstabilität, lassen aber bei Bedarf den Tiefgang auf 1,30 m reduzieren.

Und nicht zuletzt besteht bei den GFK-Rümpfen eines Tages das Problem der Entsorgung, bei Stahl ist eine Wiederverwertung gar kein Problem.

Fazit: klarer Punktsieg für die WAHOO

Die Segel

Generell bevorzuge ich zwei Masten.

Mit zwei Masten hat man mehr Segelfläche bei weniger Masthöhe, außerdem gibt es eine gewisse Redundanz, sollte ein Segel ausfallen. Vor allem aber kann man wichtige Arbeiten wie das Reffen bei zwei Masten einfacher vornehmen, weil das Boot mit dem Segel an einem Mast durch den Wind stabilisiert weiter auf Kurs fahren kann, während man das andere Segel aus dem Wind nimmt und refft oder komplett einholt.

Damit haben hier die Aloa 45 und die WAHOO die Nase vorn.

Die WAHOO punktet zusätzlich dadurch, dass sie über zwei gleichberechtigte Masten verfügt. Weiter Pluspunkte sind die besondere Segelgeometrie (Sail-Wing-Segel) wie auch die unverstagten, freistehenden Masten.
Auch das selbstwendende Jib der WAHOO unterstützt deren Einhandtauglichkeit.

Auf der anderen Seite Punkten die Catalina 440 und die Gallert 13.5 MS durch ihre Unterstützungssysteme beim Segeln. Bei der Gallert gibt es sogar einen zweiten, innenliegenden Steuerstand, von dem aus nicht nur die beiden Maschinen und das Ruder, sondern auch Groß- und Vorsegel über hydraulische Winschen bedient werden können.
So lange diese Technik funktioniert, ist das eine tolle Sache – und über 95% der Zeit gehe ich einmal davon aus, dass sie funktioniert. Bequemlichkeit kann auch „geil“ sein 🙂

Fazit:  Punktvorteil für die WAHOO (wobei ich es mag, wenn nicht mehr Technik vorhanden ist als nötig) vor der Aloa 45 (weil Ketch) und der Gallert 13.5 MS (komplett vom Steuerstand aus bedienbar).

Technische Ausstattung

Hier unterscheiden sich die fünf Boote zum Teil gewaltig.

Am besten ausgestattet ist wohl die Gallert 13.5 MS in Panama. Sie verfügt über zwei unabhängige Steuerstände, zwei parallel laufende Maschinen, üppige E-Ausrüstung (Generator, Solar, Akkus) und auch navigationstechnisch alles, was das Herz begehrt. Wenn da alles wie beschrieben funktioniert, ist das ein Hauptgewinn.
Die zusätzliche Automatisierung der Segelbedienung über hydraulisch steuerbare Winschen ist noch ein Sahnehäubchen obenauf. Wobei ich das zumindest derzeit nicht für wirklich wichtig ansehe. Aber es kann sich mit den Jahren ändern 😉
Sogar ein Wassermacher ist an Bord.

Auch sehr gut ausgestattet sind die Aloa 45 und die Catalina-Morgan 440.  Von Radar über Funk, GPS und AIS gibt es nichts, was fehlt. Auch die Energieversorgung ist gut sichergestellt. Eventuell müssten bei der Aloa 45 demnächst die Akkus erneuert werden, aber diese Kosten halten sich im Rahmen. Oder es ist eine gute Möglichkeit, gleich auf LiFePo-Akkus umzusteigen. Bei dem Angebotspreis für die Aloa 45 wäre das durchaus finanziell machbar.

Die WAHOO ist dagegen relativ einfach ausgerüstet – zumindest auf den ersten Blick.
Kein Radar, kein AIS, nur GPS, Sprechfunk, Windmesser und Lot sind von nautischer Seite im Boot vorhanden. Ein Kartenplotter ist nicht angeschlossen, hier müssten dann Tablet oder Laptop herhalten.
Dafür ist sie energetisch gut ausgestattet: Solarpanele, Windgenerator und Wellengenerator können das Boot umfassend mit elektrischer Energie versorgen. Auch die Tanks sind großzügig für längere Fahrt bemessen.
Alle Bedienung des Schiffes erfolgt rein manuell, einzig der Autopilot kann das Ruder selbst übernehmen.  Das hat aber auch Vorteile, denn je einfacher die Technik, um so weniger kann kaputt gehen und um so leichter ist es in der Regel auch zu reparieren oder zu ersetzen.
Einzig die Bedienung der Kielschwerter würde ich wohl (neben Radar und AIS) einem entsprechend dimensionierten Linearmotor per Fernbedienung übertragen.

Bei der Catalina 50 (Curacao) sehe ich die gesamte Technik (von der Maschine über die Elektrik bis zu den Winschen) als überholungsbedrüftig an. Um die 25-30.000 Euro muss man da wohl einplanen.

Fazit: klarer Punktsieg für die Gallert 13.5 MS, gefolgt von den beiden Booten in Deutschland

Innenausbau / Wohlfühlaspekt

An dieser Kategorie scheiden sich wohl am meisten die Geister zwischen Männlein und Weiblein.

Alle fünf Boote entsprechen vom Platzangebot her meinen Anforderungen.

Die beiden Catalinas und die Gallert 13.5 MS haben mehr oder weniger einen Deckssalon, bei der Gallert geht er direkt in ein  großzügiges Cockpit über. Die Aloa 45 verfügt hinter dem geschützten Mittelcockpit über ein großzügiges Achterdeck.

Ganz anders die WAHOO. Sie verfügt über ein großzügiges Mitteldeck und „Brücke“, von dem aus es seitlich neben dem Besanmast zum Niedergang in den großen, unverbauten Salon geht. Hinter der „Brücke“ verbirgt sich das Cockpit in einer achterlichen Plicht, die relativ einfach zu einem geschützten Raum umgebaut werden kann.
Dazu kommt die Masse, ein schweres Boot liegt einfach ruhiger im Wasser – zumindest was kurze Wellen angeht.

Im Innern sind nur die Catalina 440 und die Gallert 13.5 MS in einem Zustand, der mit freundlichen hellen Farben und viel Licht sehr einladend wirkt. Bei der Aloa 45 und der WAHOO ist aber mit etwas Farbe und kleineren Umbauten schnell ein ähnlicher Zustand erreichbar.

Einzig die Catalina 50 bedarf eines kompletten Refits, um wieder angenehm bewohnbar zu sein. Alle Polster sind zerschlissen, auch Wand- und Deckenverkleidungen vergilbt und zum Teil lose. Dafür ist die Innenaufteilung der großen Catalina überragend – aber sie ist ja auch das größte aller Boote.

Fazit: Punktsieg für die Gallert 13.5 MS und die Catalina 440

Der Preis

Auch wenn ich hier keine konkreten Zahlen nennen werde (kaum ein Boot kauft man zu dem Preis, zu dem es angeboten wird), möchte ich doch ein paar Gedanken über den Einfluss des Preises auf die Entscheidung los werden.

Mein Limit hatte ich bereits im Vorfeld festgesetzt – und es war nicht starr, weil ich durchaus auf ein Sicherheitspolster in den Finanzen gesetzt habe.
80.000 Euro für das Boot und weitere 20.000 Euro für unmittelbare Folgekosten hatte ich ursprünglich eingeplant. In der Summe sollte es also nicht teurer als 100.000 Euro werden.

Einzig die Aloa 45 liegt von Anfang an klar in diesem finanziellen Rahmen. Also schon mal ein klarer Punkt für dieses Boot.

Die Catalina 50 würde ich nur kaufen, wenn sich der Verkäufer auf einen Preis deutlich unter den 80.000 Euro einlässt. Angeboten ist sie für ca. 80.000 Euro (abhängig von Wechselkurs zu $). Immerhin muss ich hier mit mindestens 30.000 – 35.000 Euro an Aufwand rechnen. Dazu käme noch die EU-Einfuhrsteuer, wenn ich mit dem Boot nach Europa komme.

Die Gallert 13.5 MS liegt ein wenig über meinem Budget, ist aber noch erschwinglich. Vor allem, weil sie zumindest nach den Bildern und der Beschreibung kaum Folgekosten nach sich ziehen wird.

Die WAHOO liegt in der Summe am Rande meines Budgets, wobei ich auch hier noch die EU-Einfuhrsteuer dazu kalkulieren muss.

Einzig die Catalina-Morgan 440 liegt deutlich über meinem Budget, hier müsste ich eine ziemliche Summe meines Sicherheitspolsters angreifen. Das schmerzt, auch wenn hier aufgrund des noch relativ jungen Bootes (im Vergleich zu den anderen) anfänglich die wenigstens Folgekosten zu vermuten sind.

Fazit: Punktsieg für die Aloa 45 und dickes Minus (leider) für die Catalina-Morgan 440.

Zusammenfassung

In der Summe kommen damit die WAHOO und die Gallert 13.5 MS auf jeweils 4 Punkte (klare Siege in einer Kategorie zählen doppelt).

Die Aloa 45 punktet vor allem mit dem Preis, aber auch bei der Ausstattung liegt sie mit vorn. Die Catalina-Morgan 440 hätte gute Chancen, neben der WAHOO und der Gallert zu stehen, wenn da nicht der deutlich höhere Preis wäre. So haben beide aber nur drei Punkte.

Die Catalina 50 liegt leider abgeschlagen auf dem letzten Platz.
Sie hätte allenfalls ein extrem guter Preis retten können. Oder wenn sie wenigstens in Deutschland läge.

Natürlich waren die Abwägungen im Detail noch feiner. Auch habe ich mit in Betracht gezogen, dass zwei der Boote bereits in D liegen und dadurch schnell erreichbar sind und zwei Boote aktuell in der Karibik. Aber grob gesehen fiel die endgültige Entscheidung zwischen der WAHOO, der Gallert und der Catalina-Morgan 440.

Zwischen diesen dreien bietet die WAHOO langfristig das meiste Potential und überzeugt mich durch das durchdachte Konzept.
Ich liebe die Abweichung vom allgemeinen Standard.