Tauch-Urlaub in Tunesien, in einer kleinen Hotelanlage nördlich von Sousse.
Zum Tauchen geht es nach Port El Kantaoui. Mit dem Taxi kein Problem, und bei diesen Taxipreisen schon gar nicht.
In der Tauchbasis bin ich zusammen mit einem Engländer (der pausenlos sagt: „Don’t ask me why – I’m not guilty“, was sich wohl auf den Brexit bezieht) so etwas wie der „King“ – endlich mal jemand, den man nicht schnuppertauchend durch das Wasser ziehen muss. Am Tauchplatz angekommen heißt es nur: „Ab ins Wasser, in spätestens einer Stunde bist du wieder hier.“ 😉 Da ich Sidemount, also mit zwei separaten Tanks, tauche, darf ich sogar Solo losziehen.
Es ist ein Genuss und auch die Unterwasserlandschaft vor Tunesien zeigt sich deutlich interessanter als erwartet.
Aber ich bin ja nicht nur zum Tauchen hier in Tunesien …
Nach einer kurzen Terminabsprache mit dem Eigner des Bootes (ein Schweizer) geht es eines Morgens nach dem Frühstück zunächst mit dem Taxi nach Sousse.
Im Zentrum ein Autoverkehr wie in einer europäischen Großstadt zur Rush Hour – allerdings nicht halb so geordnet.
Trotzdem läuft der Verkehr unerwartet flüssig und als einsamer Fußgänger die 3-4 Fahrspuren zu überqueren, scheint für einen normalen Mitteleuropäer unmöglich.
Plötzlich höre ich eine männliche, leise Stimme schräg hinter mit: „Du Deutsch?“ (Weiß der Teufel, woher er das ahnte) – dort steht ein kleinerer, älterer Tunesier. Ich schätze ihn so um die 60-70 Jahre. „Du einfach gehen!“ sagt er lächelnd, tritt auf die Fahrbahn und winkt mich vor den hinter ihm bremsenden Autos über die Straße.
Eine Methode, die ich prompt, wenn zunächst zögerlich, übernahm und die immer funktionierte. Niemand hupte oder fluchte, der Verkehr floss förmlich um mich herum.
Als ich mich bei dem Mann bedankt, zeigte er mir noch den kürzesten Weg zum Basar und als er erfährt, dass ich dann auch noch weiter nach Monastir wolle, empfiehlt er mir den Bus (Linie 57, glaube ich zumindest). Kostet nur 2 Dinar und sei viel billiger als ein Taxi, sprach’s und ist auch schon im Getümmel der Menschen wieder verschwunden.
Nach einem kurzen Bummel über den Markt am Busbahnhof angekommen, entscheide ich mich dann doch für ein Taxi – bevor ich mich in so einen überfüllten Bus quetsche. Das waren mir die 20 Dinar (umgerechnet ca. 7 Euro) für die rund 30 km Taxifahrt wert.
Kurz vor 13:00 Uhr in der Marina angekommen heißt es Ausschau halten nach dem Boot:
Rot-gelber Rumpf und zwei gedrungene, unverstagte Masten waren die eindeutigen Merkmale. Ein kurzes Klopfen an den Bug, und kurz danach begrüßt mich ein älterer, braungebrannter, drahtiger Mann mit grauem, aber vollen Haar. Ich schätzte ihn auf Anfang 70. Er bittet mich an Bord und führ mich erst einmal achtern, wo ein kleiner Tisch vor einer langen Holzkiste steht, die offenbar (auch) als Sitzbank dient.
Mein erster Eindruck von dem Boot: DAS hat eine Seele, das lebt und strahlt irgendwie eine angenehme Atmosphäre aus. Es war anders als die Segelboote, auf denen ich vorher schon war. Ein wenig vielleicht wie das „neue“ alte Boot meines Schwagers, dass er 2018 auf Sardinien gesehen und auch fast vom Fleck weg gekauft hatte. Ja, es sprach mich an – und ich kann nicht einmal genau sagen, was es war.
Ich weiß nur: Die nächsten Boote werden es schwer haben, diesem hier Konkurrenz zu machen.
Nach einer kurzen Führung durch das Boot mit vielen Erklärungen über all die kleinen, durchdachten Details, die der Eigner und auch Entwickler dieses Bootes hat einfließen lassen, lassen wir uns an dem Tisch nieder und er erzählt noch ein wenig über die Geschichte des Bootes, die seit rund 30 Jahren auch seine Lebensgeschichte ist. Dazu ein Glas trockenen Rotweins und einen Teller Carpese Classico mit ein paar Häppchen Brot.
Wir verabreden, dass ich im Frühjahr auf jeden Fall wieder komme. Ich möchte das Boot dann auch auf dem Trockenen inspizieren und gern für ein paar Tage auf das Mittelmeer hinaus segeln.
Es ist bereits dunkel, als wir uns freundschaftlich verabschieden.
Ja, ich spüre, an diesem Nachmittag zwei neue Freundschaften geknüpft zu haben: zu einem echt netten und gastfreundlichen Schweizer und zu gut 20 Tonnen Stahl.