Inzwischen ist es Sommer 2018.
Nachdem die wichtigsten Parameter feststehen:
- Monohull, ca. 13-15 m (40 .. 50 ft), mind. 2 Kabinen mit 4 + 2 Kojen, mgl. 2 Nasszellen
- Material: Aluminium, Stahl, GFK (mgl. kein Sandwich, lieber älteres massives Vollaminat)
- nicht zu leicht (> 10 t)
- Tiefgang deutlich unter 2 Meter
- Preis bis 80.000 Euro (+ 20.000 Euro für Reparaturen, Umbau, Renovierung)
folgt jetzt die Sichtung des Marktes.
Auf diversen Internet-Seiten sind die meisten aktuell auf dem Markt angebotenen Boote aufgelistet.
Oft kann man hier bereits eine Vorauswahl treffen: Bootstyp, Liegeplatz, Größe, Alter, Preis, Material …
Eine Tabellenkalkulation schafft Übersicht. Alle Boote, die die obigen Kriterien überwiegend erfüllen, werden dort eingetragen. Dazu neben den wichtigsten Parametern auch Liegeplatz, Preis und Zusatzangaben über technische Ausstattung, Zustand und Zubehör.
Die Tabelle wird immer länger. Zwischenzeitlich sind es fast 100 Boote, die dort aufgelistet sind. Dabei habe ich mich nur auf Boote in Europa und im Mittelmeerraum beschränkt. Unzählige Bavarias, Jeanneaus, Gib Seas, Beneteaus, Hanse und Dehler füllen gut die Hälfte der Tabelle, dazu einige Reinke-Bauten und andere Einzelstücke.
Ich merke schnell: So wird das nix.
Und ein weiteres finanzielles Kriterium zeigt sich:
Nicht alle Boote sind bereits in der EU versteuert. Wenn ich als Deutscher so ein Boot erwerbe und irgendwo in der EU einen Hafen anlaufe, kann es passieren, dass ich nach dem Steuernachweis gefragt werde. Liegt der nicht vor, muss ich das Boot als Einfuhrobjekt in die EU nachversteuern – je nach EU-Land liegt diese Steuer zwischen 17% und über 20 % des Bootswertes. Ich muss also gute 10.000 – 15.000 Euro bei unversteuerten Booten zusätzlich einkalkulieren.
Allmählich werden meine Listen wieder kürzer.
Ich streiche alle Boote gleichen Typs, die ohne deutlichen Mehrwert (bessere Ausstattung, Top-Zustand), unversteuert oder deutlich teurer als der Rest sind.
Auch erinnere ich mich an die Platzverhältnisse in der Achterkoje meines Schwagers auf einer Hanse:
Bei vielen Bootsmodellen mit achterlichen Kajüten unter dem Cockpit fallen diese bauartbedingt relativ flach und beengt aus. Auch diese Boote streiche ich aus der Liste.
Dafür kommen aber im Laufe der Monate neue dazu, insbesondere jetzt Boote mit Center-Cockpit. Die haben in der Regel eine geräumige Eignerkabine im Heck. Um die 20 – 30 Boote bleiben es auch nach einem Jahr Marktbeobachtung. Die kann ich mir unmöglich alle ansehen.
Sommer 2019
Ich lese durch Zufall im Internet die Beschreibung eines zum Verkauf stehenden Bootes, das so völlig anders ist als alle anderen Boote.
Ein Schweizer hat es Ende der 80er Jahre selbst konstruiert, gebaut und dann knapp 30 Jahre darauf gelebt. Es ist ein Gaffelschoner mit zwei frei stehenden Masten, einer für mich völlig unüblichen Segelgeometrie und wirkt von außen mehr wie ein Fischerboot als eine Segelyacht.
Aber es erfüllt fast alle meine Anforderungen.
Für außergewöhnliche Lösungen bin ich ja immer zu begeistern. „Wer ums Eck schauen kann, schaut weiter!“ sagte mein Opa gern. 😉
Also beschließe ich, die Liste erst einmal ruhen zu lassen und mir dieses Boot näher anzusehen.
Da mein Herbsturlaub noch nicht gebucht war, wird dieser kurzerhand nach Nordafrika geplant. Tauchen war ich dort in der Gegend auch noch nicht. Es wird mein erste Live-Besichtigung, der noch weitere folgen werden …
Dezember 2019
Nach der ersten Besichtigung in Tunesien merke ich, dass professionelle Unterstützung nicht schlecht wäre.
Ich lese einen Artikel über die „Bootsprofis“ und schaue mir auch einige ihrer Videos an.
Nach wenigen E-Mails und Telefonaten mit den „Bootsprofis“ habe ich das gute Gefühl: Diese beiden (Hendrik und Dominik) können mir bestimmt weiter helfen das Boot in Tunesien besser einzuschätzen, aber auch wertvolle Tipps und Hinweise für meine weitere Suche geben.
Ende Januar treffen wir uns dann in Berlin zu einem ersten Gespräch. Dominik ist leider verhindert, aber die Erörterungen zusammen mit Hendrik sind die Zeit und jeden Euro wert.
Ich werde in meinen Gedanken zu wichtigsten Parametern (Siehe oben) durchaus bestärkt.
Ein weiterer Punkt ist die Frage des Boot-Designs: Center- oder Heck-Cockpit, Deckssalon oder nicht, Schoner/Ketch oder Slup, Langkieler oder Kurzkieler, fester oder Schwenkkiel, …
Nach gut 4 Stunden intensiven Datenaustauschs bin ich um viele Erkenntnisse reicher.
Ob ich die beiden dann auch noch beauftrage, für mich Boote vorauszuwählen und mir so die Suche mit ihrem Know-How unmittelbar zu vereinfachen, weiß ich noch nicht. Auf jeden Fall könne ich aber bei weiteren Fragen auf die beiden zurück greifen, das versichert mir Hendrik.
In den nächsten Wochen und Monaten schaue ich verstärkt unter den neuen Gesichtspunkten auf den einschlägigen Seiten nach weiteren guten Angeboten.
All die Bavarias, Beneteaus und Jeanneaus verschwinden zunehmend aus den Listen. Neben den Hauptparametern wie Länge, Breite und Tiefgang schaue ich jetzt auch nach der Verdrängung der Boote.
Ich möchte keinen Leichtbau-Kahn, schließlich will ich keine Regatta segeln.
Corona verändert alles
Plötzlich ist auf einen Schlag Schluss mit möglichen Besichtigungsterminen.
Zumindest außerhalb Deutschlands wird es schwer, Boote zu besichtigen. Griechenland, Italien, Frankreich oder auch die Türkei sind praktisch in unerreichbare Ferne gerückt.
Dadurch werden die Listen plötzlich sehr, sehr kurz.
Die direkten Besichtigungen rücken in den Fokus – dort, wo es noch möglich ist. Wenn ich meinen Zeitplan halten will und spätestens 2022 endgültig auf das Boot umziehen möchte, muss ich voran kommen.