Eine weitere sehr wichtige Frage:
Aus welchem Material soll der Bootsrumpf gefertigt sein?
Viele Faktoren hängen von dieser Entscheidung ab:
- Stabilität des Bootes (Verwindung, Crashfestigkeit)
- Langlebigkeit des Materials (und damit auch den Bootes)
- Pflege- und Wartungsaufwand
- mögliche Probleme bei Schäden am Rumpf
- Entsorgung (ein Thema, dem meiner Meinung nach viel zu wenig Beachtung geschenkt wird)
Holz
Dieses Material ist der Klassiker im Bootsbau überhaupt. Es ist überall verfügbar, leicht zu bearbeiten und auch die Entsorgung ist kein Problem.
Trotzdem habe ich es relativ schnell verworfen, weil es doch einen relativ hohen Pflegeaufwand erfordert und Fehler dabei kaum verzeiht.
Auch ein Holzrumpf, der dann mit einer GFK-Hülle umschlossen wurde, kommt nicht in Frage. Spöttische Zungen bezeichnen diese Konstruktion nicht umsonst „Leichenhemd“.
GFK
Nun, nicht umsonst ist GFK seit Jahrzehnten DER Bootsbaustoff schlechthin. Es ist relativ leicht zu verarbeiten, in nahezu jede Form zu bringen, widerstandsfähig und sieht bei entsprechender Oberflächenbehandlung auch noch sehr gut aus.
Um die Stabilität zu erhöhen, werden entweder sehr viele Lagen Glasfasergewebe übereinander laminiert (Wandstärke bis 1 cm und mehr) oder es andere Materialien einlaminiert. Ohne diese Einlagen handelt es sich um Volllaminat, mit Schichten aus Holz (meist Balsaholz, weil sehr leicht und trotzdem stabil) oder PU-Strukturschaum dazwischen ist es in Sandwich-Bauweise.
Da beim Sandwich immer die Gefahr besteht, dass bei einer Beschädigung der Außenschicht Wasser in diese Zwischenlagen eindringen und dort besonders bei Holzeinlagen zu langsamer, unbemerkter Verrottung über große Flächen führen kann, möchte ich so einen Aufbau zumindest beim Rumpf nicht unbedingt gebraucht kaufen. Wenn ein früherer Schaden des Rumpfes unfachmännisch, aber von außen sauber repariert wurde, schleppt man eine unsichtbare tickende Zeitbombe mit sich, weil sich die Feuchtigkeit im Verborgenen immer weiter ausbreiten und den Verrottungsprozess vorantreiben kann.
Volllaminat gerade früherer Jahre (teilweise bis zu 15 mm stark) dagegen ist stabil und robust. So lange die Außenhaut gut gepflegt wurde und keine Feuchtigkeit in das Laminat eindringen konnte, ist auch die Gefahr von Osmoseschäden sehr gering. Außerdem lassen sich solche Schäden gut aufspüren und, da sie meist nur lokal sind, auch mit vertretbarem Aufwand ausbessern.
Auf dem Oberdeck sind Sandwich-Konstruktionen aus GFK unproblematischer. Trotzdem muss bei Durchbrüchen und vor allem auch Verschraubungen sehr darauf geachtet werden, dass keine Feuchtigkeit an diesen Stellen in die Sandwich-Einlagen gelangen kann.
Ein gepflegter GFK-Rumpf kann 50 Jahre und länger sehr gut aussehen und bedarf bei schonender Beanspruchung nur wenig Pflege. Diese erstreckt sich vor allem auf die Reinigung des Unterwasserschiffs und die Erneuerung des Antifoulings.
Ein Problem ist bei GFK allerdings die Entsorgung. Das Material gilt als „nicht wiederverwertbar“ und wird bislang meist durch Verbrennung entsorgt. Allerdings kann es nur in geringen Mengen dem Verbrennungsmüll zugesetzt werden. Viele Reste gelangen deshalb als Sondermüll auf die Deponien.
Es gibt erste Ansätze, das Material auf andere Art zu recyclen, aber die stecken noch in den Kinderschuhen und die Ressourcen dafür sind begrenzt.
Derzeit liegen die Recycling-Kosten für GFK schnell bei 1.000 Euro pro Tonne, so dass 5.000 Euro und mehr für die Entsorgung des Rumpfes einer mittleren Segelyacht durchaus real erscheinen.
Aluminium
Aluminium ist eigentlich das ideale Bootsmaterial schlechthin: leicht, stabil, einfach zu verarbeiten, rostet nicht, äußerst pflegeleicht
Es hat hauptsächlich zwei Nachteile:
- Aluminium ist teuer – deshalb dürfte auch der Grundpreis eines Aluminium-Rumpfes um einiges höher liegen als bei anderen Materialien
- Aluminium steht in der elektrochemischen Reihe der Metalle hinter zum Beispiel Eisen, weshalb Elektrokorrosion ein nicht zu unterschätzendes Risiko darstellt. Mit der entsprechenden Umsicht lässt sich das aber unter Kontrolle halten.
Vor allem der Preis wird wohl ein Aluminium-Boot eher nicht unter meine Favoriten bringen. Leider.
Stahl
Stahl ist ein ähnlich klassischer Baustoff wie Holz. Fast alle großen Schiffe werden seit über 100 Jahren aus Stahl gefertigt.
Stahl ist ähnlich robust wie Aluminium, allerdings deutlich günstiger. Durch die höhere Festigkeit des Materials sind vor allem bei größeren Booten und Schiffen einfachere Konstruktionen als bei Aluminium möglich, um dennoch eine sehr gute Steifigkeit des Rumpfes zu erzielen. Stahl ist einfach zu biegen, zu schneiden und zu schweißen – aber auch Schraub- und Nietverbindungen sind sehr stabil.
Gegenüber Aluminium hat Stahl aber einen Nachteil: Er rostet, vor allem im Seewasser.
Deshalb ist ein gründlicher Rostschutz des Rumpfes sowohl innen wie außen extrem wichtig. Dieser erfordert eine regelmäßige Kontrolle und Ausbesserung bei Beschädigungen. Kommt man diesen Anforderungen nach (z.B. zusammen mit dem jährlichen Antifoulinganstrich), ist ein Stahlrumpf in der Pflege nicht aufwändiger als ein Rumpf aus GFK.
Und er hat den Vorteil, dass Substanzschäden (Rost) an der Oberfläche sichtbar werden und nicht von innen heraus im Verborgenen entstehen.
Außerdem sind Stahlboote schwerer als gleich große aus GFK oder Aluminium – bei einem Regattaboot sicher ein Nachteil, bei einem Fahrtenboot nicht unbedingt. Durch die Masse liegt es „satter“ und ruhiger im Wasser.
Ein weiterer Vorteil der Stahlboote ist die Entsorgung des Rumpfes. Ähnlich wie bei Aluminium ist das Material gut recycelbar und man erhält bei Stahl durchaus einen Verkaufspreis von 200 – 300 Euro/Tonne. Für Aluminium wird sogar mehr als der doppelte Preis gezahlt.
Beton
Es klingt komisch, ist aber so: Stahlbeton ist seit über 150 Jahren auch ein Baustoff für Boote.
Die Vorteile liegen auf der Hand: billig, robust, widerstandsfähig, einfach zu verarbeiten und zu reparieren.
Allerdings hat es auch einen großen Nachteil:
Boote aus Beton sind immer noch sehr schwer, auch wenn die Entwicklung verschiedener Zuschlagstoffe für den Beton riesige Fortschritte bei der nötigen Materialdicke gebracht haben. Trotz der hohen Masse kommen sie dabei an die Festigkeit der anderen Materialien nicht heran.
Deshalb scheidet Beton für mich als Material aus.
Fazit:
Außer Holz und Beton sind alle Materialien für mich denkbar.
Bei GFK möchte ich aber nur ungern ein Boot in Sandwich-Bauweise. Ich bevorzuge massive GFK-Rümpfe der 80er und 90er Jahre gegenüber den neueren, dünnwandigeren Konstruktionen, die oft auch erst durch eine zweite Innenschale stabilisiert werden.
Fairer Weise muss bei GFK-Booten noch eine Rücklage für die Entsorgung mit eingeplant werden.
Bei Stahl muss der Rumpf solide Strukturen aufweisen und weitgehend frei von Rostschäden sein.
Mein Favorit wäre Aluminium – aber bei meinem Preislimit muss ich dann wohl wirklich auf ein Schnäppchen hoffen.